Auf den Spuren von Bertolt Brecht
Bertolt Brecht – das ist Dramentheorie, Kaukasischer Kreidekreis, Baal. Was der Deutschunterricht eben hergegeben hat. Vielleicht auch Mackie Messer. Als Augsburger weiß man, dass Brecht hier geboren wurde und dass es jedes Jahr das Brechtfestival gibt. Dann endet aber auch meist das Wissen über den berühmtesten Sohn der Stadt, der immerhin weltweit am häufigsten auf Theaterbühnen inszenierte Autor. Dabei könnt ihr überall in der Innenstadt Spuren von Brecht finden und seine literarischen Wurzeln entdecken.
Der Anfang ist natürlich das Brechthaus, das der ein oder andere bestimmt bei einem Besuch im Drunken Monkey schon einmal gesehen hat. Hier im Lechviertel, wo Feilenhauer, Weber, Gerber, Gold- und Silberschmiede ihre Werkstätten hatten, wurde Eugen Berthold Friedrich Brecht am 10. Februar 1898 geboren. Heute ist sein Geburtshaus Museum und Gedenkstätte, in dem einzigartige Ausstellungsstücke aber auch Dokumentarfilme den Besucher in die Welt von Bertolt Brecht einführen. Nicht weit von hier, in der Barfüßerkirche, lässt sich dann die Welt Brechts live erleben.
Die Barfüßerkirche, eine der ältesten evangelischen Kirchen Augsburgs, ist Brechts Tauf- und Konfirmationskirche. Hier erhielt der kleine Bertolt seine Bibelstunden. Obwohl er (im überwiegend katholischen Augsburg) protestantisch erzogen wurde, zählte die Lutherbibel zeit seines Lebens zu seinen Lieblingslektüren. Sie inspirierte ihn und er zitierte für seine Werke immer wieder aus ihr. Sein Erstlingsdrama, das er im Alter von 15 Jahren schrieb, nannte er „Die Bibel“. 99 Jahre nach der Erstveröffentlichung wurde hier in der Barfüßerkirche das Stück uraufgeführt.
Nicht viel älter war Brecht, als er Texte für die Augsburger Neusten Nachrichten verfasste – beeinflusst von seiner Aufgabe als Turmwächter auf dem Perlachturm. 1914 stand er hier und hatte die Aufgabe während des 1. Weltkriegs nach feindlichen Flugzeugen Ausschau zu halten. Und vielleicht sinnierte er auch während der ein oder anderen Wache über den Goldenen Saal im benachbarten Rathaus, den er später zum Schauplatz seiner Novelle „Der Augsburger Kreidekreis“ machte, die Basis für sein weltberühmtes Werk „Der Kaukasische Kreidekreis“.
Bibel und Flieger-Turmwache? Wer jetzt denkt, der junge Brecht habe ja gar keine richtige Jugendzeit gehabt, der irrt. Mit seinen Freunden genoss er seine Jugendzeit in den Kneipen und auf den Volksfesten der Stadt. Eines seiner Lieblingslokale war die Kahnfahrt an der alten Stadtmauer, die er von seiner Dachkammer im Elternhaus sehen konnte.
Hier in der Bleichstraße 2 (heute: Bert-Brecht-Straße) am Oblatterwall, wo die Familie seit dem Jahr 1900 wohnte, entstanden zahlreiche Gedichte und die Frühwerke „Baal“ und „Trommeln in der Nacht“. Wer heute an der Stadtmauer im Schatten der alten Kastanienbäume den Sommer genießt oder im alten Stadtgraben wie Bertolt Brecht rudert, kann die Liebe Brechts für diesen Ort spüren. Spätestens jetzt versteht man auch, warum das Zitat „Das schönste an Augsburg ist der D-Zug nach München“ nicht von Brecht ist. Dieses stammt von dessen Freund Hans Otto Münsterer, der in seinen Erinnerungen an Brecht sagte, dass dieser – hätte man ihn nach dem geistigen Raum Augsburgs gefragt – so geantwortet hätte.
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Header: Norbert Liesz
Brechthaus innen: Felix Weinold
Blick vom Perlachturm: Ruth Plösseö
Kahnfahrt: Nikky Maier
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